INTROVERTIERTE CHOPIN-INTERPRETEN
Ein Fest für Chopin - Duo de Salzburg mit Yvonne Timoianu, Violoncello
und Alexander Preda, Klavier. An der dezenten, unsentimentalen, aber durch und
durch introvertierten Ausführung durch das Duo konnte man nicht vorbeihören.
"Das gemeinsam reflektierte und erarbeitete Aufführungskonzept macht
noch immer den Hauptreiz und die Hauptqualität des Salzburger Duos aus.
So auch am Samstag, als sich Yvonne Timoianu am Cello und Alexander Preda am
Klavier mit einem Chopin-Programm vorstellten. Wir nahmen teil an einem Abend,
wo allein die differenzierte, introvertierte kammermusikalische Geste das Sagen
hatte. Als Einstimmung hatte sich das Duo für das Jugendwerk "Introduction
und Polonaise brillante" Op.3 des 19jährigen Chopin entschieden. Schon
hier wurde deutlich, daß es der Cellistin in erster Linie um instrumentale
Feingliederung des Klanggeschehens ankam.
Nicht der große, sondern der besonnene Ton bestimmte den Vortrag. Den
brillanten Charakter des Stückes spielte eher ihr Partner am Klavier aus.
Dasselbe Aufführungskonzept herrschte vor beim folgenden "Grand Duo
Concertant". Auch hier wußte die Cellistin dem mehr elegant-witzigen
als tiefsinnigen Tonfall des Gelegenheitswerkes eine Noblesse beizumischen,
die manchen Leerlauf vergessen ließ.
Darüber hinaus paßte die Interpretin ihr virtuoses Spiel mit freien
Eigenverzierungen in wohltuender Manier an die Vollgriffigkeit des Klavierparts
an. Näher an den reifen Chopin führte uns Alexander Preda mit der
makellos artikulierten und phrasierten Wiedergabe der Ballade As-Dur Op.47.
Auch hier keine sentimentalen Drücker, kein falsches Pathos und keine virtuose
Vordergründigkeit. Der Klangablauf war klug reguliert und der empfindsamen
"Erzählerton" (W. Kämpfer) kam bestens zum Tragen.
ERLÖSENDE BEWEGLICHKEIT Zur reinsten Freude wurde nach der Pause die Realisation der Sonate g-Moll Op.65, das letzte veröffentlichte Werk des schon vom Tode gezeichneten Komponisten. Yvonne Timoianu und Alexander Preda, beide ohne Partitur musizierend, verstehen diese aussagestarken vier Sätze wohl als eine Art "Schwanengesang". Jede Äußerlichkeit ist zurückgenommen. Die Phrasen waren eindrucksvoll gegliedert und die dynamischen Nuancen präzise und schlüssig ausgeformt.
Die größte Überraschung bescherte uns das Duo im dritten Satz. Den Largo-Charakter sangen, ja flüsterten die Interpreten in einem extrem breiten Lento-Tempo aus. Ergreifender haben wir diesen Satz noch nie gehört. Das war nostalgische Expressivität pur. Umso eindringlicher kam danach die fast erlösende Beweglichkeit des Finalsatzes an. Eine weitere Überraschung hatte das Duo als Zugabe bereit: die Instrumentalversion von Schuberts "Der Lindenbaum" aus der "Winterreise". Da könnte man schon Lust bekommen auf eine reine Instrumentalinterpretation des ganzen Zyklus... Ein beglückendes Plädoyer für den Kammermusiker Chopin!" (Loll Weber, Luxemburger Wort, 2010)